Offenburg will V4 kippen, Hohberg ist dagegen

Im Kampf gegen einen Autobahnzubringer Süd vor ihrer Haustür haben Offenburgs Stadtteile Hildboltsweier, Albersbösch und Uffhofen einen ersten Erfolg errungen.

  1. Vier Vorkämpfer gegen die Variante 4 und weitere Belastungen von Hildboltsweier, Albersbösch und Uffhofen (v. l.): Rolf Leonhardt, Karl Bäuerle, Thomas Rothkegel und Bernhard Schneckenburger Foto: Helmut Seller

  2. Die Suche nach der richtigen Trasse für einen Zubringer Süd geht in die nächste Runde: Bei einer Podiumsdiskussion im Jergerheim erreichten die Stadtteile Hildboltsweier, Albersbösch und Uffhofen eine Kehrtwende der Offenburger Ratsfraktionen vcn ihrem Beschluss von 2001. Foto: Helmut Seller

Bei einer Diskussion im überfüllten Jergerheim sprachen sich Vertreter aller Gemeinderatsfraktionen gegen die Variante 4 und damit gegen ihren eigenen Mehrheitsbeschluss von 2001 aus. OB Schreiner hat nun die undankbare Aufgabe, diese Kehrtwende politisch zu vertreten. Gegenwind ist ihr sicher: “Hohberg wird weiter auf der Trassenvariante 4 bestehen”, sagte Bürgermeister Klaus Jehle auf BZ-Anfrage. ABHÄNGIG VOM TUNNEL Noch ist der Südzubringer in weiter Ferne: Selbst wenn er in den Bundesverkehrswegeplan 2015 aufgenommen wird, rechnen Experten nicht vor 2025 mit einem Bau. Oberbürgermeisterin Edith Schreiner machte bei der Podiumsdiskussion vor weit mehr als 200 Interessierten im Jergerheim in Hildboltsweier am Dienstagabend zudem deutlich, dass der Bau des seit 1998 diskutierten Zubringers Süd ohnehin erst geplant werden kann, wenn feststeht, wo der geforderte Bahntunnel südlich von Offenburg aus der Erde kommt: “Solange kann man ehrlicherweise eine solche Straße nicht planen.” EINZIGE KONSENS-TRASSE Oberbürgermeisterin Edith Schreiner ging zu Beginn der vom SWR-Journalisten Günther Laubis professionell moderierten Podiumsdiskussion auf die verschiedenen Freihaltetrassen ein, die für den Zubringer reserviert sind (siehe Infografik). Die Variante V 0, die den Status quo abbildet, wurde als nicht leistungsfähig genug ausgeschlossen. Schließlich soll die neue Trasse nicht nur die B 33 aus dem Kinzigtal südlich an Offenburg vorbei bis zur Autobahn verlängern, sondern auch den Verkehr aus dem wachsenden interkommunalen Gewerbegebiet Hochdrei aufnehmen. V 1 wurde aus Umweltgründen ausgeschieden, heute wäre ohnehin das Gefängnis im Weg. Ein vierspuriger Ausbau der Bestandstrasse V 2 schied wegen der Belastung der Südstadtteile aus, und die Variante 3, weil sie das Naherholungsgebiet am Königswaldsee zu stark trennen würde. Die Varianten 5 a bis c gelten als zu großer Umweg für den Verkehr aus dem Kinzigtal. Übrig blieb mit V4 eine Variante, der auch Hohberg und Schutterwald zustimmen konnten. 2006 kam als Alternative noch die Variante V6 südlich des Flugplatzes hinzu. Der geplante Solarpark bei Hohberg, so wurde vereinbart, muss freilich für alle Trassen freigehalten werden. GUTE GRÜNDE GEGEN V4 Wie Andreas Demny deutlich machte, ist mit den Freihaltetrassen bislang “kein Baurecht verbunden”. Zuvor müsse abgewogen werden, welche Trasse für Mensch und Umwelt am verträglichsten sei: “Diese Abwägung hat noch gar nicht stattgefunden”, sagte der Offenburger Fachbereichsleiter Tiefbau und Verkehr. Demny verwies auf Aussagen des Regierungspräsidiums, wonach die betroffenen Anwohner bei der noch ausstehenden Trassensuche auf jeden Fall einbezogen werden: “Das kann ich hiermit zusagen.” Doch die drei Südweststadtteile wollen nicht sorgenvoll abwarten, sondern gleich dafür sorgen, dass die von ihnen seit Jahren gefürchtete V 4-Trasse jetzt vom Tisch kommt. Warum, das machten Karl Bäuerle (Sprecher des Arbeitskreises Autobahnzubringer Süd), Thomas Rothkegel (Einwohnergemeinschaft Hildboltsweier), Bernhard Schneckenburger (Bürgerwerkstatt) und Rolf Leonhardt (BI Pro Flugplatz) einmal mehr deutlich: Die V 4 verlaufe zu dicht an Hildboltsweier und teilweise in Hochlage mit Lärmschutzwänden, bringe mit prognostizierten 20 000 Fahrzeugen am Tag eine zusätzliche Beeinträchtigung der Lebens- und Wohnqualität für drei Stadtteile und 10 500 Menschen durch Lärm und Feinstaub. Hinzu kämen der massive Flächenverbrauch, eine Zerstörung des sensiblen Naherholungsgebietes und des 110 Jahre alten Flugplatzes sowie Beeinträchtigungen für immerhin 16 Vereine. “Es muss Schluss sein mit weiteren Zumutungen”, so Karl Bäuerle unter großem Beifall, “sonst werden wir, wie die Bürgerinitiative Bahntrasse, in einen Kräfte zehrenden Widerstand gezwungen.” KLARES VETO AUS HOHBERG Für ihre Forderung, der Offenburger Gemeinderat solle baldmöglichst einen Verzicht auf die Variante 4 beschließen, bekamen die Stadtteil-Vertreter Schützenhilfe quer durch die Offenburger Fraktionen (siehe “Stimmen”). Dass dies nicht einfach im Handstreich zu erledigen ist, machte Oberbürgermeisterin Edith Schreiner deutlich, die sich deshalb aus den Zuhörer-Reihen teils sehr polemisch attackieren lassen musste. Sie persönlich erachte die Variante 6 als vorzugswürdig, auch wenn dort am stärksten in die Natur eingegriffen werden müsste: “Wenn dort ein Juchtenkäfer oder eine geschützte Ohrenfledermaus auftaucht, ist die V 6 vom Tisch.” Schreiner hatte Mühe, in der emotionsgeladenen Atmosphäre deutlich zu machen, dass der Ratsbeschluss von 2001 keineswegs so ohne weiteres zu kippen ist: “Nur wenn wir es schaffen, dass alle Gemeinden im Zweckverband Gewerbegebiet Hochdrei zustimmen, kriegen wir die V 4 weg.” Aus Hohberg kommt dafür freilich schon das erste klare Veto: “Es gibt keinen Grund, von dem gemeinsamen Beschluss für die Variante 4 abzuweichen”, sagte Bürgermeister Klaus Jehle am Mittwoch auf BZ-Anfrage. Er macht deutlich: “Die Gemeinde Hohberg wird weiter auf dieser Trassenvariante bestehen.” Offenburg müsse sich klarmachen, dass noch mehr Verkehr drohe, sollte der Autobahnzubringer womöglich nicht gebaut werden.

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