Krimi um Bürgerentscheid: So geht es mit Offenburgs Flugplatz weiter

Stimmen die Bürger am 8. März darüber ab, ob aus dem Offenburger Flugplatzareal ein Gewerbegebiet wird oder nicht? Nach zweistündigem Schlagabtausch fiel im Gemeinderat das Votum in Sachen Bürgerentscheid.

Christian Wagner

Krimi um Bürgerentscheid: So geht es mit Offenburgs Flugplatz weiter

Die Bürger nehmen dem Gemeinderat die Entscheidung über den Flugplatz ab.  ©ULRICH MARX

„Es zieht sich wie ein Kaugummi“, verwies OB Marco Steffens auf die seit 20 Jahren währenden Diskussionen um ein Gewerbegebiet auf dem Offenburger Flugplatzareal. Und zunächst sah es so aus, dass dieser Kaugummi noch länger gekaut wird: Für den Vorschlag der Verwaltung, die Offenburger bei einem Bürgerentscheid am 8. März über die Zukunft des Flugplatzareals entscheiden zu lassen, zeichnete sich am Montagabend in einer turbulenten Sitzung des Gemeinderats zunächst keine Mehrheit ab. Während sich CDU/FDP-Fraktion, Freie Wähler und SPD klar für ein Gewerbegebiet und für einen Bürgerentscheid aussprachen, äußerten sich Grüne, AfD und Freie Bürger demgegenüber sehr kritisch, sodass Steffens seine Felle für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für den Bürgerentscheid davonschwimmen sah.

OB: „Es ist Ihre Verantwortung!“

Mit einem eindringlichen Appell versuchte der Rathauschef, das Blatt noch zu wenden. „Es ist Ihre Verantwortung“, rief er dem Gremium zu, „es braucht kein Gemeinderat bei mir aufzuschlagen, wenn eine Firma sagt, wir wandern ab!“ Letztlich gab es bei der Abstimmung dann mit 31 Ja- und acht Nein-Stimmen doch die erforderliche Mehrheit für den Bürgerentscheid. Damit haben nun am 8. März die Offenburger das Wort, ob aus dem Flugplatzgelände ein Gewerbegebiet werden soll oder nicht.

Stadtplaner Leon Feuerlein hatte zuvor die Gemengelage vorgestellt. Eine Anfrage der Freien Wähler, wie viele Gewerbeflächen in Offenburg noch verfügbar sind, hatte 2018 erneut Fahrt in die Diskussion gebracht. Das Ergebnis der Untersuchung lautete, dass es kaum noch freie Gebiete gibt. Eine Untersuchung von 17 Potenzialflächen in Offenburg habe ergeben, dass das Königswaldfeld mit Gewerbepark und Flugplatz am geeignetsten sei. Ende 2023 sei die Verwaltung beauftragt worden, ein vertieftes Konzept zu entwickeln.

Das Ergebnis bezeichnete OB Steffens als Kompromiss in alle Richtungen. Statt um 35 gehe es nur noch um 20 Hektar. Feuerlein erläuterte die Position der Verwaltung, dass ein großes Gewerbegebiet gegenüber einer kleinteiligen Variante, bei der der Flugplatz erhalten werden könnte, Vorteile biete. Er sagte auch, dass aktuell 180 aktive Piloten der Fliegergruppe eine Fläche von rund 25 Hektar in Beschlag nehmen würden.

CDU: Es geht um Arbeitskräfte!

„Wir vertrauen auf die Urteilskraft der Bürger“, machte CDU/FDP-Fraktionschef Werner Maier klar, dass seine Fraktion den Bürgerentscheid „in vollem Umfang mitträgt“. Es gehe nicht nur um Gewerbesteuer, sondern auch um Arbeits- und Ausbildungsplätze. Das Gewerbegebiet solle ökologisch hochwertig entwickelt werden: „Eine Ansiedlung von Speditionen und Logistik schließen wir aus.“

Freie Wähler: Firmen an uns binden

Ähnlich äußerte sich Freie-Wähler-Fraktionschef Stefan Konprecht: „Offenburg steht für Wirtschaftskraft.“ Es gebe im Oberzentrum innovative und gut aufgestellte Unternehmen, „die wir an uns binden müssen“. Nur so könne man die positiven Effekte für das soziale Miteinander in der Stadt weiter genießen.

SPD: Wichtiger als Hobbyfliegerei

Die Stadt sei es den Unternehmen schuldig, diese Möglichkeit zu bieten, sagte SPD-Fraktionssprecherin Martina Bregler. Ein Gewerbegebiet lasse sich heutzutage ökologisch ansprechend mit Holzständer-Bauweise, Begrünung und Photovoltaik entwickeln – das könne man im Unteren Angel anschauen. Die wirtschaftliche Stabilität Offenburgs sei wichtiger „als die Hobbyfliegerei einiger weniger“.

Grüne: Wichtige Untersuchung fehlt

Grünen-Fraktionssprecherin Maren Seifert kritisierte scharf, dass die Stadt eine Untersuchung, welche Flächen im Zuge von Nachverdichtung für Firmen im Stadtgebiet verfügbar sind, noch nicht präsentiert habe. Dabei sei dies 2023 in Auftrag gegeben und sogar mit einem Landeszuschuss in Höhe von 50.000 Euro gefördert worden. Seifert schlug deshalb vor, den Bürgerentscheid erst später durchzuführen, wenn die Untersuchung vorliegt, was Steffens auf die Palme brachte: „Sie haben null Ahnung von Wirtschaft.“ Ein Unternehmen könne keine Zehn-Jahres-Planung machen, „manchmal gibt es auch Entwicklungen“.

AfD: Firmen nicht benannt

AfD-Fraktionschef Taras Maygutiak kritisierte wie Seifert, dass die Stadtverwaltung weder öffentlich noch nichtöffentlich die expansionswilligen Firmen benannt habe. Außerdem herrsche aktuell keine Hochkonjunktur. Die Firmen zögen nicht mangels Flächen weg, sondern „weil in anderen Ländern die Produktionskosten günstiger sind“.

Freie Bürger: „Pflastern Fläche zu“

Als Gegner des Gewerbegebiets zeigte sich auch Fritz Düker (Freie Bürger): „Wir sprechen über Ökologie und pflastern eine grüne Fläche zu!“, echauffierte er sich. Er befürchtete klimatische Auswirkungen, wenn auf dem Flugplatzareal „eng und hoch“ gebaut werde, und er verwies auf die gestiegene Zahl der Insolvenzen. Der Flugplatz sei identitätsstiftend für die Offenburger. Auch die Fragestellung kritisierte er: „Die Bürger dürfen für die Wirtschaft abstimmen, Sie dürfen nicht für den Erhalt des Flugplatzes abstimmen.“

Letztlich votierten aber auch AfD und Freie Bürger für den Bürgerentscheid. Lediglich die achtköpfige Grünen-Fraktion stimmte wegen des Termins geschlossen dagegen.

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– ULRICH MARX