Statt mit dem Reißbrett das ganze Gebiet zu überplanen, will die Stadt die Entwicklung des Gewerbegebiets am Flugplatz Offenburg nun scheibchenweise umsetzen. Der Gemeinderat gab sein Plazet. Das bedeutet das Votum für den Offenburger Flugplatz.
„Mein Job ist nicht nur immer schön“, sagte OB Marco Steffens, als es am Montagabend im Gemeinderat um die umstrittene Entwicklung eines Gewerbegebiets auf dem Flugplatzareal ging. Er könne die Sache einfach aussitzen und nichts tun, sagte Steffens weiter. Aber dann wolle er auch nicht das Geschrei des Gemeinderats hören, wenn die erste Firma abwandere.
Wieso er es für wichtig hält, den Firmen Gewerbeflächen anzubieten, erläuterte Steffens mit einem Beispiel. „Stellen Sie sich einen Häuslebauer mit einem unterschriebenen Kredit vor, der einen Bauplatz will. Dem kann ich keine Auskunft geben.“ Und wenn dieser nachfrage bis wann, „muss ich sagen, weiß ich nicht“. Wie lange werde dieser Häuslebauer wohl warten, ehe er sich andernorts umschaue, fragte Steffens. Ähnlich verhalte es sich mit der Wirtschaft.
26 Ja-, elf Nein-Stimmen
Am Montagabend brachte der Gemeinderat mit 26 Ja- und elf Nein-Stimmen nun einen Kompromiss auf den Weg, mit dem binnen der nächsten fünf Jahre Gewerbeflächen entstehen könnten. Stadtplanungschef Leon Feuerlein stellte in einer ausgiebigen Präsentation die Details vor. Demnach sollen in einer ersten Entwicklungsphase die Fläche westlich der Otto-von-Lilienthal-Straße (rund sechs Hektar), die Fläche am Flugplatz Nord (rund 4,5 Hektar), die Fläche östlich der Otto-von-Lilienthalstraße (4,5 Hektar) und die Fläche westlich und nördlich der Isaak-Blum-Straße (7,5 Hektar) ins Visier genommen werden.
Eine entsprechende Konzeptskizze soll weiterentwickelt und dem Gemeinderat im nächsten Jahr zur Entscheidung vorgelegt werden. Die Flächen sollen einfließen in den Zweckverband Gewerbepark Raum Offenburg, in dem Offenburg (60 Prozent), Hohberg (15 Prozent), Schutterwald (15 Prozent), Durbach (fünf Prozent) und Ortenberg (fünf Prozent) Mitglieder sind.
Passt Flugplatz rein?
In der Konzeptskizze soll zudem geprüft werden, ob in einer Variante auch der Erhalt des Flugplatzes möglich ist. Dieser Vorschlag sei im letzten Gespräch mit der Fliegergruppe Offenburg vorgebracht und nun berücksichtigt worden, erklärte Feuerlein.
Viele weitere Anregungen aus der Gemeinderatsklausur seien aufgenommen worden, führte Feuerlein aus, so etwa der Wunsch der Einwohnergemeinschaft Hildboltsweier und die Bürgergemeinschaft Uffhofen nach einem Grünstreifen zwischen den Gewerbegebieten und den Stadtteilen, dem Wunsch der Naturverbände nach einer ökologischen Ausrichtung des Gewerbegebiets sowie der Forderung aus vielen Bereichen, eine gute ÖPNV-Anbindung zu gewährleisten und brachliegende Gewerbeflächen zu aktivieren oder bestehende besser zu nutzen, um Flächenversiegelung zu vermeiden. Hier könne er sich ein Gewerbeflächenkataster vorstellen, so Feuerlein. Als Beispiel wurde der seit dem Neubau leer stehende alte Edeka-C+C-Markt an der B3 genannt. Auch die Kleingärten und Sportflächen sollen erhalten bleiben.
Fünf Jahre Perspektive
Für die Fliegergruppe bedeute diese Planung, dass sie mindestens fünf Jahre Perspektive habe, so OB Steffens. Die Flieger würden über ein gutes Netzwerk verfügen und könnten in dieser Zeit möglicherweise flugaffine Unternehmen für das Areal ausmachen und so ihre Zukunftschancen verbessern.
Herbert Patsch wollte nach der Sitzung am Montagabend nicht in Jubel ausbrechen. Der Aufschub sei sicher positiv zu werten, aber wenn eine Firma anbeiße und ansiedle, könne dies schnell das Aus für die Flieger bedeuten. Die Fliegergruppe werde die Zeit nutzen, um weiter für den Erhalt der Start- und Landebahn zu werben. „Vielleicht finden wir einen Kompromiss, mit dem alle leben können“, hofft Patsch.
INFO: In der Konzeptskizze ist eine Trasse (V3) für den Autobahnzubringer Süd freigehalten. Mit einer Trassen-Entscheidung des Regierungspräsidiums rechnet Steffens frühestens Ende 2025. O-Ton OB: „Es dauert und dauert und dauert.“
Warum nicht gleich so?
Ein Gewerbegebiet kann man nicht einfach so am Reißbrett ausrollen, ohne die Betroffenen zu hören. Dieses Versäumnis wurde nun von der Stadtverwaltung nachgeholt. Mit dem Kompromiss und der Entwicklung nach Bedarf kann man sicher leben. Was gar nicht geht, ist ein Abgesang auf die Wirtschaft, wie er teils in der Diskussion zu hören war – nach dem Motto: Die kämpfen ums Überleben und brauchen sowieso keine Erweiterungsflächen mehr. Das ist mutlos und rückwärtsgerichtet. Bürgermeister Kopp hat darauf hingewiesen, dass die Gewerbesteuer für dieses Jahr Stand jetzt vier Millionen Euro über dem Ansatz liegt. Offenburgs Unternehmensmix ist also krisensicher. Und deren Gewerbesteuer braucht es letztlich, um die sozialen Annehmlichkeiten zu finanzieren.
Und die Fliegergruppe? Ihr Todesurteil stand schon fest, nun kann der Flugplatz mindestens weitere fünf Jahre in Betrieb bleiben. Und vielleicht gibt es in dieser Zeit mit der Ansiedlung eines flugaffinen Betriebs gar die geniale Idee für den dauerhaften Verbleib.